Der Bundesrat sieht Möglichkeiten zur Stärkung des Unterhaltsinkassos

Bern, 18.06.2021 - Ein Beitritt der Schweiz zum Haager Unterhaltsübereinkommen und dem Protokoll über das anzuwendende Unterhaltsrecht würde viele rechtliche Probleme und praktische Herausforderungen des heutigen Systems lösen und zu einheitlichen Regeln über das anzuwendende Recht führen. Zu diesem Schluss kommt der Bundesrat in einem Postulatsbericht, den er an seiner Sitzung vom 18. Juni 2021 gutgeheissen hat. Er empfiehlt deshalb, die beiden Instrumente zu ratifizieren.

Erfüllt eine unterhaltspflichtige Person ihre Unterhaltspflicht nicht, so sieht das Zivilgesetzbuch vor, dass eine Fachstelle der unterhaltsberechtigten Person bei der Vollstreckung des Unterhaltsanspruches hilft. Um diese Hilfe auch in grenzüberschreitenden Fällen leisten zu können, hat die Schweiz diverse Übereinkommen ratifiziert, so insbesondere das New Yorker Übereinkommen von 1956 (SR 0.274.15). Die Sachbearbeitung erfolgt in der Schweiz heute auf Stufe der Kantone und Gemeinden, mit einer Koordination auf Bundesebene.

Schwachstellen und Mängel im heutigen internationalen Alimenteninkasso

Das New Yorker Übereinkommen weist gravierende Mängel auf. So können Unterhaltsforderungen, die bevorschusst wurden - was in der Schweiz auf viele Alimenteninkassofälle zutrifft - im Ausland nur begrenzt geltend gemacht werden. Zudem erhalten Kinder aus der Schweiz in gewissen Staaten in der Regel keine unentgeltliche Rechtspflege und sind deshalb faktisch vom Zugang zum Recht ausgeschlossen.

Die Sachbearbeitung der internationalen Alimenteninkassofälle wird auch dadurch erschwert, dass es aufgrund der föderalen Behördenorganisation in der Schweiz eine Vielzahl an Akteuren auf lokaler Ebene gibt, die sich in der Regel nur selten um die komplexen internationalen Fälle kümmern, deren Bearbeitung sprachliche, fachliche und juristische Kenntnisse voraussetzt.

Das neue Haager Unterhaltsübereinkommen als Chance

Das neue Haager Unterhaltsübereinkommen löst die heutigen Probleme teilweise: Behörden dürfen unter dem neuen Übereinkommen bevorschusste Unterhaltsforderungen geltend machen. Somit können inskünftig mehr Zwangsvollstreckungen bei unterhaltspflichtigen Personen im Ausland durchgeführt werden. Zudem erhalten Kinder bei Zwangsvollstreckungen unter dem neuen Übereinkommen grundsätzlich unentgeltliche Prozessführung, sodass die Ansprüche von Kindern aus der Schweiz einfacher im Ausland durchgesetzt werden können. Das Haager Unterhaltsprotokoll vereinheitlicht und verbessert zudem die Bestimmung des anwendbaren Unterhaltsrechts.

Der Bundesrat empfiehlt deshalb, die neuen Rechtsgrundlagen zu übernehmen. Die Ratifikation des Haager Unterhaltsübereinkommens bietet zudem die Chance, die heutige Behördenorganisation in der Schweiz zu optimieren und mittels Spezialisierung und Konzentration von Fachwissen die Sachbearbeitung zu verbessern.

Notwendiger Richtungsentscheid durch das Parlament

Für die Umsetzung des Haager Unterhaltsübereinkommens kommen verschiedene Optionen in Betracht, die von der Privatisierung über kantonale Stellen bis hin zu einer Bundeszentralbehörde reichen. Die Behördenorganisation wirft Fragen auf, die den Kern des Föderalismus betreffen, und hat auch finanzielle Konsequenzen. Bei der Befragung der Kantone, der kantonalen Konferenzen und sachbearbeitenden Personen hatte sich keine klare Linie zur künftigen Behördenorganisation abgezeichnet.  


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Letzte Änderung 30.01.2024

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