Bundesrat verabschiedet Vorlage zum kollektiven Rechtsschutz
Bern, 10.12.2021 - Der Bundesrat legt neue Vorschläge zum kollektiven Rechtsschutz vor. Die bestehende Verbandsklage soll ausgebaut werden und künftig auch die Geltendmachung von Ersatzansprüchen ermöglichen. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 10. Dezember 2021 die Botschaft zu einer Änderung der Zivilprozessordnung zuhanden des Parlaments verabschiedet. Er erfüllt damit einen Auftrag des Parlaments.
Ist eine Vielzahl von Personen gleich oder gleichartig geschädigt, muss nach heutigem Recht in der Schweiz grundsätzlich jede Person ihre Rechtsansprüche individuell einklagen. Deshalb verzichten Geschädigte gerade bei geringem Schaden oft auf die Rechtsdurchsetzung.
Mit der Motion 13.3931 "Förderung und Ausbau der Instrumente der kollektiven Rechtsdurchsetzung" verlangt das Parlament, diese Situation zugunsten der Geschädigten zu verbessern. 2018 schickte der Bundesrat entsprechende Vorschläge in die Vernehmlassung. Diese zeigte jedoch, dass das Anliegen sehr umstritten ist. Darum hatte der Bundesrat 2020 entschieden, die kollektive Rechtsdurchsetzung von der laufenden ZPO-Revision abzutrennen und separat zu behandeln. In der parlamentarischen Beratung zur ZPO-Revision zeigte sich die klare Erwartung, dass der Bundesrat neue Vorschläge zum kollektiven Rechtsschutz vorlegt.
Der Bundesrat schlägt nun zuhanden des Parlaments eine gegenüber dem Vorentwurf insgesamt einfachere und schlankere Lösung vor. Konkret soll die bestehende Regelung der Verbandsklage in der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) angepasst, respektive ausgeweitet werden. Sie soll namentlich der Durchsetzung von Ersatzansprüchen bei sogenannten Massen- und Streuschadensfällen dienen.
Verbandsklage zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen
Bisher ist die Verbandsklage in der ZPO auf Persönlichkeitsverletzungen beschränkt. Neu sollen alle Rechtsverletzungen so eingeklagt werden können. Damit ein Verband klagen kann, müssen künftig zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sein. Namentlich darf der Verband nicht gewinnorientiert sein und er muss seit mindestens 12 Monaten bestehen.
Neu sollen Verbände auch Ersatzansprüche von betroffenen Personen einklagen können. Dafür ist stets deren vorgängige Ermächtigung oder eine spätere Beitrittserklärung notwendig. Voraussetzung für eine solche Verbandsklage ist, dass mindestens zehn betroffene Personen den Verband oder die Organisation vor Klageeinleitung zur Prozessführung ermächtigt haben. Damit allgemein bekannt ist, welche Verbandsklagen rechtshängig oder entschieden sind, muss jeder Kanton künftig ein entsprechendes öffentliches elektronisches Verzeichnis führen.
Möglichkeit kollektiver Vergleiche
Im neuen Verbandsklageverfahren soll auch die einvernehmliche kollektive Einigung zwischen den Parteien mit einem kollektiven Vergleich möglich sein. Wenn dieser vom Gericht genehmigt und für verbindlich erklärt wird, bindet der kollektive Vergleich alle betroffenen Personen, die sich der Verbandsklage angeschlossen haben.
Ausnahmsweise ist auch ein kollektiver Vergleich ohne vorgängige Verbandsklage möglich. Unter besonderen Voraussetzungen soll es zudem zukünftig möglich sein, dass ein genehmigter kollektiver Vergleich für alle betroffenen Personen gilt, die nicht innert einer bestimmten Frist ihren Austritt vom Vergleich erklären. Betroffene, die davon Gebrauch machen, können ihre Rechte weiterhin individuell durchsetzen. Auf die Schaffung eines separaten Gruppenvergleichsverfahrens und einer Gruppenklage will der Bundesrat verzichten.
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Letzte Änderung 26.06.2024