Bundesrat fällt Grundsatzentscheide für ein neues Aktienrecht

Bern, 04.12.2015 - Der Bundesrat hat am Freitag erste Grundsatzentscheide für die Revision des Aktienrechts gefällt. Er hat die Vernehmlassungsergebnisse zur Kenntnis genommen und Eckwerte für die Botschaft zu Handen des Parlaments festgelegt. Im Zentrum stehen dabei die Stärkung der Aktionärsrechte und eine Flexibilisierung der Gründungs- und Kapitalvorschriften. Weiter sollen Geschlechter-Richtwerte für grosse börsenkotierte Gesellschaften vorgesehen werden.

Im Rahmen der Aktienrechtsrevision sollen die Vorgaben umgesetzt werden, die aufgrund der Annahme der Volksinitiative "gegen die Abzockerei" im März 2013 in die Bundesverfassung gelangten. Zudem will der Bundesrat Geschlechter-Richtwerte für grosse börsenkotierte Aktiengesellschaften und Transparenzvorschriften für rohstofffördernde Unternehmen einführen sowie die Gründungs- und Kapitalvorschriften flexibilisieren. Im Rahmen der beschlossenen Eckwerte wird er dem Parlament voraussichtlich gegen Ende 2016 eine Botschaft vorlegen. Bei diesen Eckwerten hat der Bundesrat die Ergebnisse aus der Vernehmlassung berücksichtigt, das heisst verschiedenen Anliegen insbesondere aus der Wirtschaft Rechnung getragen.

Stärkung der Aktionärsrechte bei Vergütungsfragen

Die bereits auf den 1. Januar 2014 in Kraft gesetzte Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften – ein erster, vorübergehender Schritt für die Umsetzung der Volksinitiative "gegen die Abzockerei" – bildet eine wichtige Grundlage für die Änderung des Obligationenrechts, des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge und des Strafgesetzbuches. Es sollen gewisse Leitplanken für Antrittsprämien (Unzulässigkeit "goldener Willkommensgrüsse") und für die Höhe der Entschädigungen im Zusammenhang mit Konkurrenzverboten gesetzt werden.

Aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse verzichtet der Bundesrat aber gegenüber seinem ersten Vorschlag insbesondere auf das aktienrechtliche Recht auf Einleitung einer Klage auf Kosten der Gesellschaft, auf die Pflicht zum Aufbau und Betrieb eines elektronischen Aktionärsforums, auf die Pflicht zur statutarischen Festlegung des Verhältnisses fixe/variable Vergütungen und auf das Verbot der vorgängigen Abstimmung über die variablen Vergütungen. Wird vorgängig über solche Vergütungen abgestimmt, ist aber zwingend eine Konsultativabstimmung über den Vergütungsbericht durchzuführen.

Geschlechter-Richtwerte für das oberste Kader

Zu den weiteren Eckwerten für die Aktienrechtsrevision gehören Richtwerte für die Verteilung der Geschlechter im obersten Kader der Unternehmen. Der Verwaltungsrat einer grossen börsenkotierten Gesellschaft soll mindestens je zu 30 Prozent aus beiden Geschlechtern bestehen. Für die Geschäftsleitung verlangt der Bundesrat im Unterschied zum Vorentwurf einen tieferen Wert von 20 Prozent. Die Situation ist bei der Geschäftsleitung anders als beim Verwaltungsrat, da mehr spezifische Fach- und Branchenkenntnisse notwendig sind. Erfüllt eine Gesellschaft diese Geschlechter-Richtwerte nicht, so greift der Comply-or-Explain-Ansatz: Das Unternehmen muss die Gründe sowie die bereits umgesetzten und die geplanten Massnahmen offen legen.

Transparenz im Rohstoffsektor

Zudem will der Bundesrat die Finanzströme im Rohstoffsektor transparenter machen und damit zum verantwortungsvollen Handeln der Unternehmen beitragen. Der Vorschlag lehnt sich an das EU-Recht an und geht nicht darüber hinaus. Wirtschaftlich bedeutende Gesellschaften, die in der Rohstoffförderung tätig sind, sollen deshalb Zahlungen ab 120 000 Franken pro Geschäftsjahr an staatliche Stellen offenlegen müssen. Wie bereits in der Vernehmlassungsvorlage soll der Bundesrat ermächtigt werden, diese Transparenzbestimmungen im Rahmen eines international abgestimmten Vorgehens auf Unternehmen auszudehnen, die mit Rohstoffen handeln.

Hingegen wird sich der Bundesrat nicht jetzt bei der Aktienrechtsrevision, sondern zu einem späteren Zeitpunkt mit Pflichten des Verwaltungsrats grosser Gesellschaften befassen, auch über nicht finanzielle Themen Bericht zu erstatten, insbesondere über Umweltschutz und Menschenrechte.

Flexibilisierung der Kapital- und Gründungsvorschriften

Schliesslich enthielt der Vorentwurf aktienrechtliche Gründungs- und Kapitalvorschriften, zum Beispiel das neue Kapitalband und die Möglichkeit zu einem Aktienkapital in ausländischer Währung. Diesen Vorschriften wurde in der Vernehmlassung deutlich zugestimmt. Für die Gründung einfach strukturierter Kapitalgesellschaften soll neu auch die Pflicht zur öffentlichen Beurkundung entfallen. Zudem wird die Möglichkeit zur Teilliberierung des Aktienkapitals beibehalten. In diesen Vorschriften werden eine Liberalisierung, mehr Flexibilität und ein Bürokratieabbau gesehen. Auch die bessere Abstimmung des Rechnungslegungsrecht, das am1. Januar 2013 in Kraft trat, auf das Aktienrecht wurde sehr begrüsst.


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Letzte Änderung 30.01.2024

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