Höherer Verzugszins soll Zahlungsmoral verbessern; Bundesrat schickt OR-Teilrevision in die Vernehmlassung

Bern, 18.08.2010 - Der Bundesrat will den Verzugszins im kaufmännischen Verkehr von 5 auf 10 Prozent erhöhen und damit einen Anreiz zur pünktlichen Bezahlung der Rechnungen schaffen. Im nichtkaufmännischen Verkehr erachtet er hingegen eine Erhöhung des Verzugszinses als untaugliche Massnahme, die lediglich das Problem der Überschuldung vieler Konsumenten verschärfen würde. Der Bundesrat hat am Mittwoch eine entsprechende Teilrevision des Obligationenrechts in die Vernehmlassung geschickt.

Das Zahlungsverhalten der Schweizer Unternehmen hat sich in den letzten Jahren infolge der Wirtschaftskrise deutlich verschlechtert. Immer weniger Rechnungen werden pünktlich bezahlt (60 Prozent im Jahr 2008). Die durchschnittliche Zahlungsverzögerung stieg von 15 Tagen zu Beginn des Jahres 2008 auf 20 Tage zu Beginn des Jahres 2009. Auf diese Weise missbrauchen die säumigen Schuldner ihre Gläubiger als unfreiwillige Darlehensgeber. Sie sparen zudem Kosten, da der gesetzlich festgelegte Verzugszins von 5 Prozent tiefer ist als der Zins bei Überziehung des Kontokorrents oder bei Aufnahme eines Bankkredits. Dieses Zahlungsverhalten schadet nicht nur dem einzelnen Unternehmen, sondern hat schwerwiegende volkswirtschaftliche Auswirkungen und ist insbesondere für zahlreiche Konkurse verantwortlich.

Schadensausgleich und Schadensprävention

Aus diesem Grund schlägt der Bundesrat vor, den im Obligationenrecht (Artikel 104 Absatz 3) festgelegten Verzugszins für den kaufmännischen Verkehr von 5 auf 10 Prozent zu erhöhen. Die auf die Motion "Stopp dem Zahlungsschlendrian" (08.3169) zurückgehende Teilrevision des Obligationenrechts setzt den Verzugszins bewusst über den beim Schuldner entstandenen Schaden bzw. den beim Schuldner erzielten Gewinn an. Der Verzugszins soll einen wirksamen Anreiz zur schnelleren Bezahlung des geschuldeten Geldbetrags schaffen. Er dient damit neu nicht mehr ausschliesslich dem Schadensausgleich, sondern auch der Schadensprävention.

Leicht einprägsam und einfach anwendbar

Der Bundesrat verzichtet aus Gründen der Praktikabilität auf die Einführung des in den europäischen Staaten geltenden variablen Zinssatzes, der automatisch an die Entwicklungen auf dem Zinsmarkt angepasst wird. Ein variabler Zinssatz erschwert das Ausrechnen des Verzugszinses derart, dass der geschuldete Betrag nur mit Unterstützung eines Computerprogramms ermittelt werden kann. Der starre Zinsfuss von 10 Prozent ist hingegen leicht einprägsam und auch für Laien einfach anwendbar.

Auf den kaufmännischen Verkehr beschränkt

Die vorgeschlagene Erhöhung des Verzugszinses soll auf den kaufmännischen Verkehr beschränkt sein. Ein höherer Verzugszins im nichtkaufmännischen Verkehr würde bei Konsumenten in vielen Fällen lediglich das Problem der Überschuldung verschärfen. Um für die Konsumenten einen Anreiz zur schnelleren Bezahlung ihrer Rechnungen zu schaffen, müsste der Verzugszins auf mindestens 15 Prozent angesetzt werden, weil Konsumenten bei der Einräumung von Krediten in der Regel einen Zins von über 10 Prozent zahlen müssen.

Die Vernehmlassung dauert bis zum 30. November 2010.


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Letzte Änderung 30.01.2024

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