Parlament und Bundesrat klar für die ersatzlose Aufhebung des Bistumsartikels - Nach der Schlussabstimmung im Parlament liegt der Entscheid beim Volk

Bern, 15.12.2000 - Das Parlament hat sich heute Freitag in der Schlussabstimmung klar für die ersatzlose Streichung des Bistumsartikels ausgesprochen. Die entsprechende parlamentarische Initiative wurde mit 170 zu 17 Stimmen im Nationalrat und mit 38 zu 0 Stimmen im Ständerat verabschiedet. Im kommenden Jahr wird das Volk entscheiden, ob diese Bestimmung aus der Zeit des Kulturkampfes aufgehoben werden soll.

Seit der Aufhebung des Jesuiten- und Klosterartikels im Jahre 1973 blieb der Bistumsartikel als letzte konfessionelle Ausnahmebestimmung aus der Zeit des Kulturkampfes in der Bundesverfassung stehen. Diese 1874 eingeführte Bestimmung sieht vor, dass Bistümer nur mit Genehmigung des Bundes errichtet werden dürfen.

Seit 1964 verlangten zahlreiche parlamentarische Vorstösse die ersatzlose Aufhebung des Bistumsartikels. Der Bundesrat unterstützte diese Vorstösse stets vorbehaltlos. Zunächst war beabsichtigt, das Anliegen im Rahmen der Verfassungsrevision zu verwirklichen. Bundesrat und Parlament haben sich dann aber bei der Beratung der neuen Bundesverfassung gegen die sofortige Aufhebung des Bistumsartikels ausgesprochen, weil dies den Rahmen der Nachführung des geltenden Rechts gesprengt hätte. Das Parlament wollte jedoch diese letzte konfessionelle Ausnahmebestimmung so rasch als möglich mit einer Teilrevision der neuen Bundesverfassung aufheben. Die Parlamentarische Initiative der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 25. Mai 2000 löste diese Zusicherung ein.

Ungerechtfertigte Diskriminierung

Der Bundesrat unterstützte auch diesen parlamentarischen Vorstoss ohne Vorbehalte. In seiner Stellungnahme vom 13. September 2000 führte er die Gründe auf:

  • Der Bistumsartikel schränkt die Religionsfreiheit ein, das Recht der römisch-katholischen Kirche auf Selbstorganisation. Die Errichtung oder Veränderung von Bistümern ist eine rein innerkirchliche Angelegenheit, worüber allein die Kirche zu entscheiden hat.
  • Der Bistumsartikel diskriminiert eine einzelne Kirche und verletzt damit die Rechtsgleichheit. Als konfessionelle Ausnahmebestimmung von 1874 war er nur gegen die römisch-katholische Kirche gerichtet.
  • Der Bistumsartikel ist völkerrechtswidrig: Er verstösst gegen das Grundrecht der Religionsfreiheit, das zu schützen sich die Schweiz mit dem Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention und zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte verpflichtet hat.

Der Bundesrat hat auch die Bedenken der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates gegen eine Motion des Ständerates geteilt. Dieser verlangte zunächst die Erarbeitung eines allgemeinen Religionsartikels und wollte den Bistumsartikel erst in diesem Rahmen aufheben. Die Ausgestaltung eines konsensfähigen Religionsartikels wäre aber mit kaum überwindbaren Schwierigkeiten verbunden gewesen. Es gibt auch katholische Kreise, die gegen die ersatzlose Streichung des Bistumsartikels sind. Sie erhoffen sich, auf diese Weise grössere Mitspracherechte bei der Wahl von Bischöfen und bei der Festlegung von Bistumsgrenzen aushandeln zu können. Der Bistumsartikel ist jedoch kein zulässiges Mittel, um innerkirchliche Auseinandersetzungen auszutragen. Es ist nicht Aufgabe des Staates, sich in die innerkirchliche Organisation einer Religionsgemeinschaft einzumischen - erst recht nicht mit einer Verfassungsbestimmung, die das Grundrecht einer einzigen Religionsgemeinschaft einschränkt.


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Letzte Änderung 30.01.2024

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